Im Wasserburger Malhaus wird in dieser Ausstellungssaison versucht, die vielfältige Welt des heute verpönten Genussmittels Tabak aufzuzeigen. Die Ausstellung will, anhand von vielen Hunderten Exponaten, den Weg des Tabaks durch die Geschichte nachzeichnen. Es werden alte Stiche und Dokumente ausgestellt. Ebenso werden über Hundert Schnupftabakgläser und Dosen gezeigt. Eine große Anzahl von Pfeifen aus Europa, Asien und Amerika ist ebenfalls zu sehen. Tabaktöpfe, Zigarrenkisten, Zigarettenschachteln und Reklameartikel und vieles mehr stehen zur Schau. Postkarten, Reklamemarken und Briefmarken sind zum Thema Tabak bereitgestellt. Kuriositäten wie Schnupftabakmaschinen fehlen ebenfalls nicht. Kurzum gesagt die ganze Bandbreite zum Thema Tabak wird abgedeckt.

Tabak zählt zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. Das einjährige Nachtschattengewächs ein Artverwandter der Tomate und der Kartoffel, beflügelte viele Dichter wie Lessing, Goethe, Komponisten wie Johann Sebastian Bach und bildende Künstler wie Goya, van Gogh u.v.a., den Tabak in vollen Zügen zu loben und zu verherrlichen oder ihn zu verdammen.

Keine Pflanze polarisierte und polarisiert die Gesellschaft mehr in Genießer und Gegner. Ihre Geschichte ist vielfältig. Von der Medizinpflanze über Genussmittel, sei es als Rauchtabak, Schnupftabak und Kautabak, bis hin in unsere Zeit als gesundheitsschädliche Droge, war und ist sie Begleiter durch die Geschichte der Menschheit.

Die Ausstellung will nicht den Konsum von Tabak verherrlichen oder fördern, sondern seine Rolle in der Kulturgeschichte herausheben.

Am Beginn einer historischen Betrachtung über den Tabak und das Rauchen stellt sich einfach die Frage, wie, warum und wann Menschen erstmals auf die Idee kamen, Pflanzenteile zu verbrennen und den Rauch mittels sogenannter Rauchgeräte einzuatmen.

Tatsache ist, dass die Sitte des Rauchens, also des Inhalierens des Rauches von verbrannten Pflanzen, in fast allen Kulturen der Welt seit jeher heimisch war. Es ist anzunehmen, dass die Wirkung, die der Rauch mancher Blätter erzielt, beim Anzünden von Feuer für das Kochen von Speisen oder zur Erwärmung im Winter entdeckt wurde. Schon die Griechen und Römer atmeten bei einigen Krankheiten den Rauch bestimmter Pflanzen ein. Brennende Pflanzenteile wurden und werden von Schamanen und Priestern dazu benutzt, Menschen in Trance zu versetzen.

Auf einem Maya-Relief an einer Tempelruine von Paenque in Mexiko ist vielleicht der „älteste Raucher“ der Menschheitsgeschichte abgebildet. Das Kunstwerk ist aus der Zeit um 600 n. Chr. Leider sind keine schriftlichen und gegenständlichen Quellen überliefert, aber es ist anzunehmen, dass schon die Mayas Zigarren rauchten.

1492 entdeckte Christoph Columbus nicht nur Amerika, die Neue Welt, sondern auch den Tabak für die Alte Welt. In seinem Bordbuch wird ein Mann erwähnt, der Blätter mit sich führte und sie ihm schenkte. Die Kundschafter Luis de Torres und Rodrigo de Xeres berichteten später:“ Unterwegs begegneten wir vielen Männern und Frauen, die ein kleines Feuer mit sich führten, das in den Blättern eines Krautes glühte, dessen Rauch sie einatmeten.“

Die Spanier entdeckten also, dass die Einwohner des neuen Kontinents eine ihnen bis dahin unbekannte Pflanze trockneten, diese in eine Art Rauchrohr stopften und den Rauch einatmeten. Die Rauchrohre der Indianer bestanden aus Blättern der Mais- und Tabakpflanze. Laut Las Casas wurde das Rauchrohr tobako genannt – die Pflanze hieß aber bei den Indianern petum oder cohiba. Die Spanier führten sie aber unter dem Namen tabaco in der Alten Welt ein. Die spanischen Eroberer gewöhnten sich schnell an die neue Sitte des Tabakrauchens und brachten den ersten Tabak in ihre Länder mit. Die Legende sagt, dass Rodrigo de Xerres bei seiner Rückkehr rauchend durch ein spanisches Städtchen ging. Dies wurde ihm zum Verhängnis. Die Inquisition glaubte, er blase Höllenrauch aus dem Mund und sperrte ihn deshalb für zehn Jahre ins Gefängnis.

Viel Nachahmer scheint Rodrigo de Xerres jedoch nicht gefunden zu haben. Seit 1520 wurde der Tabak zwar in den höfischen Gärten Spaniens und Portugals kultiviert, galt aber lange als Ziergewächs. Das änderte sich erst 1559, als der Leibarzt des spanischen Königs Philipp II. den Tabak als Wundermittel gegen Krankheiten entdeckte. Der Ruf des Tabaks als wundersame Heilpflanze verbreitete sich rasch am spanischen und portugiesischen Hof.

Jean Nicot, ein französischer Gelehrter, war 1560 in diplomatischer Eigenschaft am Hofe von Lissabon. Dort lernte er die Tabakpflanze kennen und ihre Heilkraft schätzen. Er schickte seiner Königin Katharina von Medici Samen und pulverisierte Blätter. Als Schnupfpulver inhaliert brachte es der Königin Erleichterung bei Migräne. Und schon bald schnupfte der ganze französische Hof. Seit sich die Tabakpflanze in den spanischen, portugiesischen und französischen Königshäusern einen Ruf als Heilmittel erworben hatte, verbreitete sie sich in kurzer Zeit in ganz Europa.

Nach Deutschland kam der Tabak im Jahre 1565. Hier war es Adolph Occo, Stadtphysikus in Augsburg, der die Heilkraft des Tabaks propagierte, nachdem er von einem ausländischen Freund Blätter geschenkt bekommen hatte. Nachweislich um1600 wurde der Tabak im Elsaß und in Frankreich für medizinische Zwecke angebaut.

In England war es Sir Walter Raleigh, der durch die Gründung der ersten englischen Kronkolonie in Amerika, die er Virginia nannte, den entscheidenden Anstoß zur Verbreitung des Tabaks machte. Während auf dem europäischen Festland Tabak als Heilmittel angewandt wurde, avancierte er in England mittels der Pfeife bereits zum Genussmittel. Viel Geld wurde dafür ausgegeben, Saucen und Tinkturen zu entwickeln, um den Geschmack des Rauchtabaks zu verfeinern. Durch englische Studenten kam die Sitte des Pfeiferauchens nach Holland. Von Holland verbreitete sich das Rauchen der Pfeife allmählich im nördlichen Europa. Bei den Spaniern, Portugiesen und Franzosen entwickelte sich eine Vorliebe für das Schnupfen. Der Siegeszug des Tabaks als Genussmittel hatte begonnen. Soldaten verbreiteten im Dreißigjährigen Krieg das Rauchen in deutschen Gebieten.

In Europa haben sich alle Arten des Tabakgenusses zu verschiedenen Zeiten und in unterschiedlicher Form eingebürgert. Damit einhergehend entstanden auch diverse Rauchutensilien, die oftmals zu wahren Kunstwerken avancierten.

Das Tabakschnupfen – oder die Prise – hatte sich zuerst an den Königshöfen in Spanien, Portugal und Frankreich etabliert und wurde bald Bestandteil der höfischen Gesellschaft. Eine regelrechte Schnupf-Kultur entwickelte sich in Frankreich im 18. Jahrhundert und verbreitete sich als eine Art Statussymbol in der europäischen Oberschicht. Bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war die Schnupftabakdose zum gesellschaftlichen und modischen Gebrauchsgegenstand geworden. Sie war vielfach aus Gold und mit Edelsteinen besetzt.

Für den Bürger und das einfache Volk wurden diese Dosen aus unterschiedlichen Materialien, wie Holz, Rinde, Leder usw. hergestellt. Eine lokale Besonderheit stellen die Schnupftabakgläser aus dem Bayerischen Wald dar, die im 19. Jahrhundert und bis heute hergestellt wurden und werden.

Man kann sagen, der Adel schnupfte und der Bauer rauchte und kaute Tabak. Tonpfeifen aus dem 17. und 18. Jahrhundert waren es also, aus denen die Europäer das Rauchen lernten. An die Stelle der Tonpfeifen traten immer mehr und mehr die Holzpfeifen aus den verschiedensten Holzarten. In der Mitte des 18. Jahrhunderts kam die Pfeife mit bemaltem Porzellankopf auf. Um 1900 war es Mode, sich zum Andenken an die Militärdienstzeit eine Reservistenpfeife zu kaufen.

Zu den Pfeifen gehörten passende Pfeifenbeutel oder Etuis, Tabaksbeutel oder Tabakdosen und für die Aufbewahrung im Hause Tabaktöpfe. Weiteres Zubehör waren Pfeifenstopfer, Pfeifenreiniger, Aschenbecher und Pfeifenhalter.

1541 berichtete der Spanier Demetrio Pela, ein Indianerhäuptling habe ihm gezeigt, wie man einen Tobako rolle. Bald gab es in den von Spaniern besetzten Gebieten in der Neuen Welt die ersten Tabacerias, in denen sich die Kunst des Zigarrenrollens mehr und mehr verfeinerte.

Dabei entdeckten die Spanier schnell, dass der Geschmack des Tabaks aus den kubanischen Provinzen La Habana und Pinar del Rio besonders gut war. Schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts importierten die Spanier den Tabak aus Kuba und stellten in den Tabakfabriken von Sevilla beträchtliche Mengen von Zigarren her. Napoleons Soldaten brachten sie dann nach Frankreich und von dort gelangte sie nach Deutschland. 1788 gründete Hans Heinrich Schlottermann die erste deutsche Zigarren-Manufaktur in Hamburg. Bald schon richteten sich in den Hafenstädten wie Hamburg oder Bremen Rohtabakmärkte für die Zigarrenfabrikation ein. Die Zigarre veränderte die Rauchsitten im 19. Jahrhundert von Grund auf. Die Pfeife eignete sich eher für den Hausgebrauch, die Zigarre dagegen konnte ohne Schwierigkeiten auch unterwegs genossen werden. Die Zigarre wurde zum Statussymbol des aufstrebenden, selbstbewussten Bürgertums, das im Rauchen der Zigarre seine ureigene Form des Tabakgenusses fand. Mit dem Zigarrerauchen kamen schöne Zigarrenetuis und prachtvolle Zigarrespitzen auf.

Auch die Zigarette lässt sich unmittelbar auf die tobakos der Indianer zurückführen, die nämlich nicht, wie bei der Zigarre, mit einem Tabakblatt, sondern mit einem Maisblatt umwickelt waren. Missionare schrieben schon in ihren Berichten, dass die Spanier und Kreolen in Südamerika bereits im 16. Jahrhundert Payros (Maisstroh-Zigaretten) oder Papelitos (span. Papel = Papier) rauchten. Die ersten Zigaretten im heutigen Sinne waren dann tatsächlich die um 1700 gerauchten spanischen Papelitos. Es handelte sich um Zigarrentabak, der mit feinem Papier umwickelt wurde. Wer Zigaretten rauchte, drehte sie also selber. 1784 stellten die Arbeiterinnen der Königlichen Tabakmanufaktur in Sevilla dann neben Zigarillos auch handgearbeitete Cigaritos her, die verkauft wurden. Die serielle Produktion hatte begonnen. Wiederum durch Soldaten Napoleons wurden die Zigaretten im übrigen Europa verbreitet, fanden jedoch keinen großen Anklang. Erst im Krimkrieg (1853/1856), als die Engländer und Franzosen gemeinsam mit den Türken gegen Russland kämpften, fanden die europäischen Soldaten Geschmack an der Zigarette. Sie bestand bei den Russen und Türken nicht aus Zigarrentabak, sondern aus kräftigem Bauerntabak. 1856 wurde in England mit der fabrikmäßigen Produktion begonnen. In Deutschland hielt die Zigarette erst verhältnismäßig spät Einzug. 1862 wurde die erste gewinnbringende deutsche Zigarettenfabrik in Dresden gegründet. 1867 wurde auf der Pariser Weltausstellung eine Maschine vorgestellt, die in einer Stunde 3600 Zigaretten herstellte. Die endgültige Popularisierung der neuen Art des Rauchens brachte der Erste Weltkrieg. Während vor dem Krieg in der Regel nur Damen von hohem gesellschaftlichem Rang oder von emanzipatorischem Selbstbewusstsein rauchten, waren es jetzt viele Frauen, die zu Hause ihren Mann stehen mussten. Von 1915 bis 1925 kam es weltweit fast zur Verdreifachung des Verbrauchs. Während des 3.Reiches wurde 1939 die Raucherkarte eingeführt. Dies senkte zwar den Zigarettenkonsum, trieb aber den Wert der Zigarette als Tauschobjekt in die Höhe. Seit der Entdeckung der Neuen Welt hatten die amerikanischen Tabake bis in die zweite Hälfte des 19.Jahrhunderts den Weltmarkt beherrscht. Erst mit Aufkommen der Zigarette kamen die Orienttabake zum Zuge. Bis zum Beginn des 2.Weltkriegs betrug ihr Anteil in Deutschland rund 98 Prozent. In der Nachkriegszeit bis zur Währungsreform beherrschten dann die Zigaretten vom Typ „American Blend“ als ebenso illegale wie feste „Virginiawährung“ den deutschen Schwarzmarkt. Die Orientzigarette geriet über Nacht in Vergessenheit. 1949 wurden schätzungsweise vierhundert Millionen der begehrten „Amis“ in den Westzonen abgesetzt. Der Trend zur leichteren Zigarette setzte sich dann in der Bundesrepublik durch, 1950 kam die leichtere Mischung als „German Blend“ auf den Markt. Im Zuge dieser Entwicklung begann Mitte der fünfziger Jahre der Vormarsch der Filterzigarette. Trotz mancher vorübergehender Rückschläge aufgrund von manchmal massiven Tabaksteuererhöhungen wuchs der Zigarettenkonsum in der Bundesrepublik ständig.

In den siebziger Jahren formierte sich die Anti-Tabak-Bewegung in Deutschland. 1981 wurde der Bundesverband der Nichtraucher-Initiativen Deutschlands gegründet. Diese haben dann bewirkt, dass die Bundesregierung die Werbemöglichkeit der Tabakindustrie einschränkte und Warnhinweise auf die Packungen gedruckt wurden. In der heutigen Zeit rückte immer mehr die Problematik des Passivrauchens in den Focus. Emotionalität, Polemik und Aggression bestimmen heutzutage die Auseinandersetzung. Einige Länder Europas führten das Rauchverbot ein. Ein Volksbegehren hat 2010 in Bayern das strengste Rauchverbot in der Bundesrepublik gebracht. Jetzt wird an eine einheitliche Lösung in der Bundesrepublik Deutschlands gedacht. Wie scheint, ist der Siegeszug der Nichtraucher ist nicht aufzuhalten.

Die Sonderaustellung im Wasserburger Malhaus belegt mit ausgesuchten und einzigartigen Exponaten die Geschichte des Tabaks. Lassen Sie sich überraschen.

Zurück