Kinderträume (14.04. - 27.10.2013)

Technisches Spielzeug

„Spielen“ ist vermutlich so alt wie die Menschheit selbst, ist es doch zweifelsfrei ein wesentlicher Bestandteil unserer Kulturgeschichte. Der „Spieltrieb“ dient allen Altersstufen zur Erbauung, Erholung und zum uneingeschränkten Vergnügen. Er lässt der Fantasie freien Lauf und hilft träumen. Nicht zuletzt wurzelt er im Verlangen der „Kleinen“, die „Großen“ nachzuahmen. Gerade deshalb spiegelt sich im Kinderzimmer die Welt der Erwachsenen einschließlich ihrer Vergangenheit und ihrer erhofften Zukunft.

Vor mehr als 200 Jahren begann der unaufhaltsame Siegeszug des technischen Spielzeuges. Seine Geschichte ist zugleich die Geschichte der Industrialisierung: Die großen technischen Neuerungen wie Dampfmaschine, Eisenbahn, Automobil und später das Flugzeug, wurden in allerkürzester Zeit in verkleinerte Spielzeugversionen umgesetzt.

Oft war es aber auch umgekehrt: Was in den Kinderzimmern längst technischer Alltag war, sollten die erwachsenen Ingenieure erst Jahrzehnte später in die Tat umsetzen. Mondraketen „flogen“ schon viel früher durch die Kinderzimmer als in Wirklichkeit durch den Weltraum.

Der Siegeszug des Blechspielzeuges wurde durch die Einführung geeigneter Produktions-Maschinen
wie Blechstanzen und Pressen mit Schnittstempeln und Biegevorrichtungen begünstigt. Auf diese Weise konnte der Massenwerkstoff „Blech“ den bis dahin bevorzugten Spielzeugwerkstoff Holz ablösen und verdrängen.

Die schon seit 1815 angewandte Methode des Hohldrückens setzte sich durch: Ein Metallstab wurde so lange gegen ein auf der Werkbank eingespanntes Blech gedrückt, bis dieses die gewünschte Form annahm und behielt. Die beliebten Blechtrompeten und Singkreisel sind Beispiele aus dieser Epoche. Die in Frankreich entwickelte Methode des „Formpressens“ war eine entscheidende Weiterentwicklung des Handpress-Verfahrens, fand aber in Deutschland nur sehr zögerlich Aufnahme. Nach Einführung der Gewerbefreiheit anno 1868 registrierte man in Nürnberg sage und schreibe 241 Meisterbetriebe der Blechwarenerzeugung.

Neben der Metropole Nürnberg blühte auch im schwäbischen Raum das neue Gewerbe. In Biberach an der Riß erzeugten Rock und Graner ebenso Blechspielzeug wie Ludwig Lutz in Ellwangen, dessen Betrieb 1881 von der Firma Märklin übernommen wurde. 1881 entstand mit der Firma Ernst Lehmann ein drittes großes Zentrum in Brandenburg an der Havel.

Die Göppinger Weltfirma Märklin stellte 1891 bei der Leipziger Messe die erste Systemeisenbahn vor, die mit ihrem ausgeklügelten Gleissystem schnell die alten „Bodenläufer“ ablöste.

In den 1890er Jahren wurde ein Verfahren entwickelt, bei dem maschinell in Formen gepresstes Blech mit Farbe bedruckt werden konnte. So fielen die Produkte der noch jungen Spielzeugindustrie immer perfekter aus.
Schwungräder, Drahtantriebe, Blattfeder-Uhrwerke, Dampfmaschinen mit unglaublichen Antriebs-modellen und schließlich robuste Elektromotoren brachten Bewegung ins Spiel. Nicht nur die Räder von Dampfmaschinen, Stirlingmotoren und Lokomotiven drehten sich, ganze Handwerksbetriebe und Fabrikanlagen nahmen „Fahrt auf“. Bewegungsabläufe aus der Natur wurden nachgeahmt: Affen und Bären tanzten, Clowns spielten ihre Instrumente, Elefanten schritten majestätisch durch den Zoo, Frösche hüpften und Vögel pickten. Blechspielzeug wurde so zum sichtbaren Kommentar der technischen Entwicklung seiner Zeit.

Mittlerweile haben die Kunststoffe fast alle Bastionen der Spielzeugindustrie erobert. Aus gut erhaltenem, kaum bespieltem Blechspielzeug wurden Spekulationsobjekte für Sammler.

Unser kleines Museum zeigt einen Querschnitt durch verschiedene Spielzeugthemen, unterschiedliche Materialien vornehmlich aus dem 20. Jahrhundert.

Plakat zur Ausstellung Kinderträume
Plakat zur Ausstellung
Bilder: Fridolin Altweck